Zwischen Hype und Umsetzung: Wie GenAI der Verwaltung wirklich nützen kann

Was kann generative KI für die öffentliche Verwaltung leisten – und wo liegen ihre Grenzen? Diese Frage stand im Zentrum des Keynote-Referats unseres Captains Dr. Clemens Ammann am diesjährigen Swiss eGovernment Forum in Bern. Als Plattform für Innovation und Dialog bringt das Forum Entscheidungsträger:innen aus Bund, Kantonen und Gemeinden zusammen. Umso wichtiger war es ihm, nicht nur über die Potenziale der Technologie zu sprechen, sondern auch über ihre Voraussetzungen, Risiken und strategische Bedeutung für den öffentlichen Sektor.
Zwischen Poesie, Bürokratie und strategischer Einbettung
Eingestiegen ist Clemens mit einem kleinen Experiment: Können die Zuhörenden erkennen, ob ein Gedicht von einem Menschen oder von einer KI stammt? Die meisten konnten es nicht – ein Moment, der zeigte, wie kreativ und überzeugend GenAI heute bereits ist.
Doch genau hier beginnt die eigentliche Diskussion: Was bedeutet es, wenn generative KI in kreativen, aber auch administrativen Prozessen eingesetzt wird? Ich habe Beispiele aus Literatur, Meme-Kultur und Musik gezeigt – aber auch konkrete Use Cases aus der Verwaltung, von digitalen Assistenten bis hin zur automatisierten Vertragserstellung. Die grösste Frage bleibt: Wie setzen wir GenAI strategisch sinnvoll ein – und nicht nur technologisch beeindruckend?
Sechs Hypothesen – und viele Aha-Momente
Im Hauptteil des Vortrags wurden sechs gängige Annahmen über GenAI kritisch beleuchtet. Zum Beispiel:
- „Wir brauchen eine AI-First-Strategie“ – doch ohne organisatorische Verankerung und Einbezug der übergeordneten Ziele und Geschäftsstrategie bleibt diese oft wirkungslos.
- „Mehr KI bedeutet weniger Bürokratie“ – dabei kann ineffiziente Bürokratie genauso automatisiert und damit sogar verstärkt werden.
- „Proprietäre Daten sind Pflicht“ – oft lässt sich mit cleverem Prompting und existierenden Modellen viel erreichen.
Diese Impulse trafen einen Nerv. In vielen Verwaltungen gibt es zwar Pilotprojekte, aber oft fehlt es an übergreifender Vision, an Governance oder an struktureller Verankerung. Hier beginnt echte Arbeit. Ideen sprudeln – doch ohne Strukturen, Zuständigkeiten und Lernräume versickern sie zu oft im Alltagsgeschäft.
Erfolgsfaktor Organisation: GenAI ist (auch) Kulturwandel
Die grösste Herausforderung ist nicht die Technik, sondern die Organisation: Wie gelingt es, Mitarbeitende einzubinden, Skills zu entwickeln und Vertrauen aufzubauen? Wie verhindert man heimlichen Wildwuchs – oder die Illusion, man müsse sofort überall KI einsetzen?
Ein Bild, das im Saal gut ankam:
Die Digitalisierung war wie ein Fahrrad – sie hat uns schneller gemacht, aber wir mussten noch selbst in die Pedale treten. GenAI ist wie ein Auto: noch schneller, noch bequemer. Aber nicht jede Strecke ist dafür geeignet – manchmal fehlen noch die Strassen. Und: Wer sich zu sehr auf das Auto verlässt, verliert gewisse Fähigkeiten.
Deshalb braucht es ein kluges Zusammenspiel: technologische Offenheit, organisatorische Reife und strategische Reflexion. Bei Flybridge plädieren wir für eine schrittweise, reflektierte Integration – über Sprints, Guidelines, AI-Ambassadors und vor allem durch ein gemeinsames Lernen.
Fazit: Nicht die Technologie entscheidet – sondern wie wir sie nutzen
GenAI ist kein Selbstläufer. Die Technologie allein verändert nichts – entscheidend ist, wie wir sie kontextsensibel, lösungsorientiert und gemeinsam einsetzen. Wenn wir GenAI als Werkzeug zur Augmentation statt zur Vollautomatisierung verstehen, wenn wir sie menschenzentriert gestalten und strategisch weiterdenken, kann sie echte Mehrwerte schaffen.

Für mehr Informationen zum Auftritt:
- Ammann, C. L. (2025, 28. März). Beitrag im Rahmen des Swiss eGovernment Forums zum Einsatz generativer KI in öffentlichen Verwaltungen. Erwähnt in: Jaun, R., & jor. Blick in die GenAI-Labore öffentlicher Verwaltungen. Netzwoche. https://www.netzwoche.ch/news/2025-03-28/blick-in-die-genai-labore-oeffentlicher-verwaltungen
- Ammann, C. (2025, 26. März). GenAI in der Verwaltung: Chancen & Erfolgsfaktoren [Praxisreferat]. Swiss eGovernment Forum 2025, Bernexpo, Bern, Schweiz.